19. MÄRZ 2021, KAMMERSPIELE MÜNCHEN
Remembering the future
Eine Installation nach "opera, opera, opera! revenants and revolutions" von Ole Hübner und Thomas Köck
Foto und Ausstattung: Martin Miotk
Ursprünglich sollte die Uraufführung der Oper „Opera, Opera, Opera! revenants and revolutions“ von Ole Hübner (Komposition) und Thomas Köck (Text) bei der Münchener Biennale im Mai Premiere feiern und danach auch auf dem Spielplan der Oper Halle stehen. Beides musste aus bekannten Gründen ausfallen.
Die von MDR KLASSIK Anfang September in Kooperation mit der Oper Halle produzierten Auszüge des Werkes in originaler Besetzung in der Händelhalle bilden für eine filmische Umsetzung die akustische Grundlage. Die Erstausstrahlung der Auszüge im Radio fand am 24. Oktober im MDR KLASSIK Opernmagazin statt. Am 12. November um 22.05 Uhr übernahm unser Medienpartner BR-KLASSIK im Format Horizonte die MDR Sendung mit Auszügen aus Opera, Opera, Opera, Opera! revenants and revolutions.
Unsere Zeit erscheint als schier endlose Gegenwart – ein andauernder Krisenzustand, in dem Zukunft eher als Bedrohung denn Versprechen wahrgenommen wird. Gleichzeitig werden immer neue Forderungen an diese mögliche Zukunft laut, die von der alltäglich empfundenen Ohnmacht jedes*r Einzelnen im Angesicht übermächtiger Problemlagen ausgehen. Das Neue Musiktheater „opera, opera, opera! revenants and revolutions“ stellt sich dieser ambivalenten Situation: Weit in der Zukunft befindet sich ein Chor mit teilweiser Amnesie im Gespräch mit sich selbst und einem Cyborg darüber, woher sie kommen, wie alles wurde, und wohin sie gehen. Haben wir Eiszeit oder Krieg? Wo waren wir am letzten Tag? Im Flugzeug? Nein, am Bahnsteig – oder doch Teil eines wütenden Fischer-Chores mitten in einer Grand Opéra 1830, die vermeintlich eine Revolution und die Gründung Belgiens auslöste. Der von eingespeicherten Erinnerungen geplagte Cyborg sucht nach Antworten und auch der Chor ringt um seine Verfassung. Aus seinem trüben Gedächtnis erheben sich Fragmente, Heimsuchungen, individuelle wie kollektive Erinnerungen. Angesichts dieser Momente stellt sich immer wieder die Frage: Welches gesellschaftliche Potential hat eine gemeinsame Stimme noch? Wohin mit all diesen historischen Wendepunkten und utopischen Sehnsüchten angesichts der Trümmer und des menschlichen Scheiterns?
10. APRIL 2021, OPER HALLE
Im Stein
Musiktheater von Sara Glojnaric und Clemens Meyer
Eden-City – mehr Hölle als Paradies. Ein untergetauchtes Mädchen, selbstbewusst ihre Lage analysierende Prostituierte, Freier, ein alternder Karl Marx lesender Zuhälter, kleine und große Kriminelle – sie alle stolpern durch das Labyrinth ihrer Umwelt und Sehnsüchte, immer auf der Suche nach dem guten Leben, einem Stück Gewinn vom großen Geld und Erlösung ihrer Seelen. In soghafter, schwindelerregender Sprache führt Clemens Meyer in seinem monumentalen Roman Im Stein in schmutzige Hinterzimmer, nächtliche Straßen, Abgründe und Seelen der Menschen einer fiktiven Großstadt. Der Roman brachte dem aus Halle stammenden und in Leipzig lebenden Autor den endgültigen Durchbruch als einen der international bedeutenden Schriftsteller unserer Zeit. Poetisch fremd und realistisch zugleich ist Im Stein eine Geschichte (ost)deutscher Verhältnisse des Hier und Jetzt – und führt gleichzeitig, mythologische Erzählungen des kollektiven Bewusstseins verschränkend, virtuos zu grundlegenden Fragen der globalisierten Gegenwart.